Der sockenfall

Eine pfingstliche Kneipenkrimödie.

Genre: Krimi / Komödie / Thriller / Kneipenkrimödie

Erzählt aus der Autorenperspektive
Atmosphäre: verzwickt, versoffen, verraucht
Umfang: ca. 102515 Wörter
Zielgruppen: Kneipengänger, An-Kneipen-Vorbei-Gänger, Auf-Dem-Klo-Krimi-Leser, komische Käuze und Uhus, Alt-Prenzlauer-Berger, Neu-Prenzlauer-Berger, Prenzlauer-Berg-Abstinenzler, Mal-An-Was-Anderem-Interessierte, Männer, Frauen, Diverse, der Rest – alle w/m/d
Sowie: Ernest Hemingway, Charles Bukowski, Philip Roth, Irvine Welsh,
Alfred Döblin, Stephen King …

Worum geht’s?

Um blutige Socken, abgesägte Füße und die alles entscheidende Frage:
Wer bin ich?
Ein serienmordendes ES bedroht Hellers Kiezkneipe „Die Grotte“
in Prenzlauer Berg zu Pfingsten 2012.
Die Drohung: Alle neun Stunden ein Mord und ein abgesägter Fuß samt Socke. Es sei denn, Heller löst das Rätsel: Wer ist dieses ES?
Keine „Bullisei“, sonst fliegt die „Grotte“ samt Gästen in die Luft!
Wer macht denn sowas?
Vor allem: warum?
Wird Heller den Wahnsinn stoppen?
Wird seine Crew den Wahnsinn stoppen?
Oder der „Heilige Geist“, Jesus, Gott? Ist ja Pfingsten …
Was hat es mit dem „Kaspar Hauser-Experiment“ zu tun?
Ein bisschen geht es auch um Rolli, den tapferen Rollstuhlfahrer, der an diesem Pfingsten zu Hellers Assistenten aufsteigt und dem sein Gefährt mystischerweise nach und nach immer mehr zerlegt wird.
Boah, das ist so verstrickt … ich empfehle: Lesen!

Ja, so ungefähr kann ich das unterschreiben …  

Muss erst wieder einmal reichen bitte schön!!!

Gruß an: Urban Blau und Frank Goldammer! Das mit Max Heller ging nicht anders …!


Handgezeichnete rote Blume mit Blütenblättern, die nach außen sprühen.
Skizze mit zwei Biergläsern mit Bier auf einem Buch, verbunden durch einen goldenen Schlüssel
  • Das ES

    Meine Geschichte beginnt mit einer Geburt.
     Na toll, werden Sie sagen. Wie überraschend. Wie spektakulär geradezu! M e i n e Geschichte hat erst dreißig Minuten später begonnen. Ha, ha!
     Sie haben natürlich Recht. Die Geschichte jedes Menschen beginnt spätestens mit seiner Geburt und endet mit dem Tod.
     Wenn Sie aber eine einzelne Geschichte Ihres Lebens herausnehmen, die es Ihnen wert ist, anderen zu erzählen, beginnt sie vielleicht in dem Moment, in dem Sie eine falsche Entscheidung getroffen haben: zu heiraten, ein Kind zu zeugen, ein Haus zu bauen, einen Baum zu pflanzen, auszuwandern oder ein Buch zu schreiben zum Beispiel.
     Eine Entscheidung zu treffen, mein Leben betreffend, hatte ich selten die Chance. Weder eine falsche noch eine richtige.
     Diese Geschichte beginnt wirklich mit einer Geburt.
     Nicht mit meiner eigenen, sondern ca. zehn Minuten vorher.
     Endet sie mit meinem Tod?
     Nun, der Autor hat seine Entscheidung getroffen.
     Die Frage ist, ob ich damit einverstanden bin. Mal sehen.
     Noch entscheidender ist ohnehin die Frage:
    WER BIN ICH?
     Ich habe heute Nacht einer Frau erst einen Fuß abgesägt und sie dann   anschließend erdrosselt.
     Alle Vorbereitungen für das Spiel sind getroffen.
     Ihr
    ES

    P.S.: Lassen Sie sich nicht hinters Licht führen!

    Max Heller war am Pfingstsamstag 2012 um genau 04:06 Uhr in bedenklich alkoholisiertem Zustand aus seiner Stammkneipe, der „Grotte“, gestolpert, weil der diensthabende Wirt Hürdi endlich Feierabend machen wollte.
      Heller hatte es nicht weit bis nach Hause. In halbwegs nüchternem Zustand schaffte er die Strecke in knapp zwei Minuten.
      An diesem Morgen schienen sich Raum und Zeit jedoch gegen ihn verschworen zu haben und krümmten sich um die Wette wie in einem Zerrspiegel.
     Man kann es auch so beschreiben: Sturzbetrunken, wie er war, schritt Heller den gesamten Gehsteig aus, schwankte nach links, nach rechts, vor und zurück und kam dem Haus, in dem er wohnte, nicht einen Meter näher.
      Als er zum Gott weiß wievielten Male das Gleichgewicht verloren und es ihn wieder einmal zehn Schritte zurückgeworfen hatte, genau vor die verriegelt und verrammelte Tür seiner Stammkneipe, trat er in etwas Weiches, was in Prenzlauer Berg nicht selten vorkommt, aber in diesem Fall keine Hundekacke war, wie Heller noch erkennen konnte.
      Verwundert ließ er sich auf die Bank fallen, die an der Hauswand der „Grotte“ stand, kniff die Augen zusammen, um den Blick etwas klarer auf dieses Weiche zu fokussieren, das da an seinem Schuh klebte.
      Wie sehr er aber auch immer die Augen zusammenkneifen mochte, es wollte ihm nicht gelingen, das Karussell, das sich in rasanter Weise vor ihm drehte, auch nur für einen kurzen Augenblick anzuhalten.
    Na gut, lallte er entschlossen in sein trübes Inneres, wenn das Weiche nicht zu seinem Entdecker kommt, muss der Entdecker zu dem Weichen.
    Er beugte seinen Oberkörper ganz vorsichtig nach vorne, streckte die rechte Hand in Richtung seiner Füße, griff beherzt zu und befummelte das Fundstück, ohne zu begreifen, was es wohl sein konnte.
     Dann kippte der Rest seines Körpers nach vorn, sein Hintern hob von der Bank ab, in Zeitlupentempo sah er etwas Graues auf sich zukommen, knallte mit der Wucht eines nassen Sackes auf die Pflastersteine und die Lichtlein gingen aus.

    2

    Als Max Heller zu sich kam, lag er in seinem Bett. Alle Fenster waren aufgerissen und ein Fensterflügel schlug sanft gegen den Rahmen.
      Zum Aufstehen fehlte Heller die Kraft. Sein Schädel dröhnte, die Zunge war modrig belegt und seine Äugelein nahmen nur verschleierte Umrisse wahr.
      Draußen war es bereits wieder dunkel geworden, der Tag hatte sich an ihm vorbeigemogelt und das war auch gut so.
    Heller liebte die Nacht. Sie war nicht so laut und grell. Wenn es dunkel war, sah er das Elend um sich herum nicht allzu deutlich.
    Damit meinte er sowohl das Elend der Welt als auch sein eigenes. Zum Beispiel die unaufgeräumte Einöde, die ihn umgab.
      Bei Licht drohte Heller sentimental zu werden. Geradezu depressiv. Das geschah ihm nie, wenn ihn eine zarte Finsternis umhüllte. Fast nie. Allenfalls im Zustand brutaler Nüchternheit.
      Jetzt befand er sich zwischen dusk und down und, was ihn am meisten stutzig machte, in einem voll erleuchteten Zimmer.
      Es war vorgekommen, dass er im Suff noch etwas kochen wollte, eingeschlafen und das Essen verkohlt war, die Nachbarn die Feuerwehr alarmiert hatten, weil dicke Rauchschwaden aus dem Fenster quollen.
      Es war auch vorgekommen, dass er Radio oder Fernseher oder Pornos aus dem Internet so laut hatte laufen lassen, dass seine Nachbarn, nachdem ihr lautes Klopfen an der Wohnungstür erfolglos war, die Polizei gerufen hatten.
      Es soll sogar vorgekommen sein, dass aus unerfindlichen Gründen die Waschmaschine die Wäsche gewaschen hatte.
      Aber es war noch nie vorgekommen, dass Heller vergessen hatte, das Licht auszuschalten. In der Regel hatte er es nicht einmal angeknipst. Wenn er etwas eingeschaltet hatte, waren es der Fernseher, das Radio oder das Internet …
    Du wirst wundersam, alter Junge, dachte er.
      Ganz vorsichtig, um Schmerzen zu vermeiden, hob er erst seinen dröhnenden Kopf, dann den Oberkörper und sah sich um.
    Ich liege in meinem Bett. Erstaunlich. Um mich herum das gewohnte Chaos. O.k. Aber das Licht?
    Gut, immerhin kein angekohltes Essen, kein Geflimmer, kein Gedröhne und Gestöhne. Kann vorkommen.
    Aber …
    In diesem Moment klingelte sein Telefon
    Nö, jetzt nicht. Wahrscheinlich die Familie oder die Zeugen Jehovas, die heutzutage nicht mehr an der Tür, sondern per Telefon anklopfen, um weitere Zeugen zu überzeugen. Nö Freunde, nicht heute!
    Der Anrufbeantworter sprang an und Hellers sehr müde Stimme meldete sich: „Wer ruft mir? Bin nicht da!
    Hab Besseres zu tun, als zu telefonieren. In dringenden Fällen jemand anderen anrufen. Gruß, ich. Pieps.“
      Kurzes Knacken.
      Sekunden später klingelte es erneut.
      Wenn Heller etwas hasste, dann penetrante Anrufer.
    Warum hinterlassen sie nicht einfach ihre überflüssige Botschaft und geben sich damit zufrieden, dass kein Rückruf erfolgt?
    Also ließ er das Gebimmel Gebimmel sein und scherte sich einen Scheiß drum.